Sonntag, 22. Juni 2014

KW 25

Vor 13 Jahren dachten viele, eine neue Art Kreuzzug könnte Frieden und Gerechtigkeit bringen. Seit damals hat sich vieles geändert - aber nicht die Gewalt.

Wort der Woche: ISIS



Man kann Saddam Hussein vieles vorwerfen. Doch seine autoritäre Diktatur brachte zumindest Stabilität im Irak, in dem sich oft Sunniten und Schiiten sowie Kurden bekämpften. Als die USA einfielen, wurde diese Stabilität gestört. Anstatt jedoch wirklich Demokratie und Freiheit zu verbreiten, begangen die Besatzer zahlreiche Fehler, die zur heutigen Situation führten.
Am bekanntesten ist die Entlassung eines Großteils der irakischen Armee. Nicht nur, dass sich dadurch die durch den Krieg und dem Zusammenbruch der Wirtschaft entstandene Arbeitslosigkeit und Armut verschlimmerte. Es entstand auch ein enormes Potential an ausgebildeten Streitkräften.
Die neue Regierung ist nicht nur relativ USA-freundlich, sondern auch stark schiitisch dominiert. Diese unterdrückt die arabisch-sunnitischen und kurdisch-sunnitischen Minderheiten, welche einen gewaltsamen Aufstand als einzige Lösung sehen. Der arabische Frühling war diesbezüglich der zündende Funke. Dabei ist es den USA anscheinend unbedeutend, für was die Regierung steht - im Kampf gegen die sunnitisch-arabische Terrorgruppe ISIS kooperiert sie sogar mit dem schiitischen Iran. 
Im Mittleren Osten scheint sich eine ganz neue Machtkonfrontation zu bilden: Schiitische Gruppierungen, wie die Regierungen Irans, Iraks und Syrien kämpfen gegen sunnitische Rebellen. Dabei werden die Schiiten von den USA gestützt, um die Stabilität (und damit den Ölfluss) im Irak zu erhalten. Außerdem könnte man so versuchen, den Iran auf die Seite des Westens zu ziehen.
Dieser würde aber am liebsten eine schiitische Achse vom Libanon über Syrien und Irak bis zu sich selbst errichten, gibt sich jedoch vorerst mit einer Annäherung an die USA und den dadurch erwachsenden möglichen Ende der Wirtschaftssanktionen zufireden. Die schiitische Achse wäre den sunnitischen Golfstaaten ein Dorn im Auge. Deshalb wird ISIS einerseits von Privatpersonen, vor allem Saudi-Arabiens, finanziell unterstützt (vielleicht auch mit kürzlich erworbenen deutschen Waffen?). Gleichzeitig wird ISIS aufgrund der Kontakte zu Al-Quaida und dem Bündnis der Golfstaaten mit den USA von den Regierungen Saudi-Arabiens und Co. verteufelt.
Obwohl die Golfstaaten also ideologisch an der Seite von ISIS stehen, halten sie offiziell ihr Bündnis mit den USA und kooperieren sogar mit dem verhassten Iran.
Gleichzeitig leben im Gebiet zwischen Syrien, der Türkei und dem Irak sunnitische Kurden, die aber ebenfalls von ISIS bekämpft und durch die schiitische Regierung unterdrückt werden. Aufgrund der Massaker an ihrem Volk durch ISIS stehen die Kurden jedoch momentan auf der Seite der Regierung.
Wer jetzt nur noch Bahnhof versteht und den Grund für den Konflikt nicht mehr erkennt, hat den selben Eindruck wie ich. Dieser Konflikt ist überflüssig und wird durch äußere Mächte weiter verschärft. Die Intervention der USA ist deshalb kein sinnvoller Akt. Viel wichtiger wären Verhandlungen und Kompromisse.
Niklas Götz

Und was war diese Woche euer Ärger und eure Freude?

5 Kommentare:

  1. Freude: Sowohl regierungsnahe als auch neutrale Medien in Ungarn beginnen zunehmend kritischer zu werden und gegen Orbans Kurs zu einer autoriätren Regierung zu protestieren. Mit kritischen Berichten und schwarzen Bildschirmen bzw. weißen Seiten sorgen sie für Aufmerksamkeit.

    Ärger: Wann werden Brasilianer für die deutschen Medien interessant? Genau: Wenn sie eine deutsche Flagge schwenken.
    Das wäre auch mein Tipp für alle Indios, die ihre Heimat wegen der WM verloren haben: Schwarz-rot-gold sind die Farben der Aufmerksamkeit.

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  2. Sabrina Küster22. Juni 2014 um 16:45

    Freude: Die Position Poroschenkos in der Ukraine macht Mut - er ist offensichtlich an Frieden interessiert und geht so weit auf die Separatisten zu, wie es vernünftig ist. Dennoch steht in den Sternen, wie der Konflikt ausgeht. Dies hängt ganz von den Separatisten ab.

    Ärger: Immer mehr Städte flüchten sich an den Kapitalmarkt, weil sie von Banken kein Geld mehr bekommen. Damit könnten Städte auch für Ratingagenturen interessant werden, was ähnliche Folgen haben könnte wie für Länder in der Finanzkrise. Diese Situation sollte beobachtet werden.

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  3. Ärger:
    in Kürze startet die Unterschriftensammlung zum Volksbegehren für das G9 in Bayern. In den neuen Bundesländern gibt es schon immer das G8. Die Schüler und die Lehrer wollen auch kein G9. Warum also zurück zum G9 in Bayern. Dient dies Initiative den Freien Wählern nur im Gespräch zu bleiben? In der Opposition läuft man Gefahr bei den Wählern in Vergessenheit zur geraten. Also startet man ein Volksbegehren.

    Freude:
    Die USA haben erkannt, dass Bienen ein wichtiger „Wirtschaftsfaktor“ sind. Und diesem geht es schlecht. Alleine im letzten Winter sind 23% der amerikanischen Bienen gestorben. Ursache sind u.a. Pestizide. Ohne Bienen werden viele Pflanzen nicht bestäubt und dadurch sinken die Erträge in der Landwirtschaft. Nun will die amerikanische Regierung handeln. Mal sehen wann die europäischen Regierungen aufwachen.
    http://www.n-tv.de/wirtschaft/USA-nehmen-Bienensterben-ernst-article13067281.html

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  4. Ich denke Verhandlungen und Kompromisse sind eine Illusion. Schließlich will die ISIS einen islamischen Gottesstaat errichten. Ein Gottesstaat ist von der Religion geprägt und keine Demokratie. Entweder Islam oder Ungläubiger. Schwarz oder weiß. Demzufolge kann es aus sicht der ISIS auch keine Kompromisse geben. Der Islam nach der Version von ISIS beansprucht die alleinige Wahrheit.
    Der Vergleich mag gewagt sein, aber war es im Mittelalter nicht genauso in Europa? Die Entscheidungen des Papstes und der Kirche waren Gesetz. Abweichende Meinungen waren Häresie. Es bedurfte in Europa vieler (Religions-)Kriege, bis zum 30jährigen Krieg, der Aufklärung und der Säkularisation und dann schlussendlich modernen Demokratien bis wir Europäer in der Lage waren Verhandlungen und Kompromisse als wichtige Werkzeuge der Politik und des gesellschaftlichen Zusammenlebens zu verstehen.
    ISIS im Irak und BokoHaram in Nigeria haben in ihrem Staatsverständnis Jahrhunderte Rückstand zu uns. Deshalb müssen wir sie auch mit den Argumenten des Mittelalters überzeugen. Eben so wie sie auch argumentieren. Mit Waffen. Leider…

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    1. ISIS wäre niemals so stark, wenn nicht ihre Minderheit unterdrückt worden wäre. Man kann mit Waffen die Symptome bekämpfen - aber nicht die Ursache.
      Außerdem bestätigt Gewalt nur ISIS in dessen Maßnahmen.

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