Donnerstag, 12. März 2015

Monatsthema 3/15
Niklas Götz
Innen- wie Auslandsgeheimdienste haben letzendlich den gleichen Zweck: den Schutz des Staates und seiner inneren Ordnung, insbesondere der Verfassung und der Organe des Rechtsstaates. Doch ist das Konzept des Geheimdienstes dazu geeignet?
Bernd Kasper  / pixelio.de


Grundlegend für die Beantwortung dieser Frage ist es, zwischen Geheim- und Nachrichtendiensten zu differenzieren. Ein Nachrichtendienst (unter diesem Namen laufen auch alle vergleichbaren Organisationen in Deutschland, auch wenn es sich beim BND faktisch um einen Geheimdienst handelt) sammelt hauptsächlich Informationen auf legalem Wege, um damit die nationalen Sicherheitsbehörden, primär die Polizei, oder bei Notwendigkeit auch das Militär zu informieren. Die Kompetenz eines Geheimdienstes geht weit darüber hinaus - er darf sich auch Informationen auf illegalem Wege beschaffen und sogar aktiv, teilweise paramilitärisch im In- bzw. Ausland eingreifen.

Dies wird als notwendiges Mittel zur Wahrung der Integrität des Staates angesehen - immerhin bedienen sich Verfassungsfeinde und fremde, nicht verbündete Staaten ja ebenfalls Mitteln, die außerhalb der Gesetze liegen - die einzige Möglichkeit, diesen Kräften Einhalt zu gebieten, ist es, es ihnen gleich zu tun und zu ebenso drastischen Mitteln zu greifen. Man denke hier an den Kampf gegen den Terror, der mit grauenhaften Akten begann und mit einem Krieg beantwortet wurde.

Dieses Argument hat allerdings einen Haken: Man gesteht letztendlich ein, dass der konventionelle gesetzliche Rahmen und die offiziellen Sicherheitsorgane des Staates nicht schlagkräftig und nicht kompetent genug sind, um die eigenen Bürger und Strukturen zu schützen. Die Polizeikräfte sind ja gerade dazu da, Verstöße gegen das Gesetz unter Wahrung und Achtung desselben zu ahnden. Dies sollte auch Eingriffe fremder Staaten und Organisationen miteinbehalten. Jegliche andere Gründe für eine Notwendigkeit eines Geheimdienstes im Inland sind wohl letztlich als beabsichtigte Aufweichung des Rechtsstaates zu sehen - jede Diktatur hatte einen starken Inlandsgeheimdienst, denn so konnte scheinbar der Rechtsstaat gewahrt werden, jedoch trotzdem eine Unterdrückung stattfinden.
Es geht aber nicht nur um innenpolitische Aspekte - auch ein Auslandsgeheimdienst kompensiert letztlich politisches Scheitern. Wer aktiv in die Politik eines fremden Staates eingreifen muss, zeigt, dass er diplomatisch gescheitert und dennoch zu abhängig von anderen Staaten ist, oder aber grundsätzlich die Souveränität anderer Staaten nicht respektitiert - und damit als Aggressor gesehen werden muss.
Somit ist die Notwendigkeit eines Geheimdienstes entweder eine Folge schlechter Politik, oder aber schwer mit einer modernen Demokratie vereinbar.

Grundsätzlich ist ein Geheimdienst dennoch keine direkte Bedrohung von Demokratie und Rechtsstaat. Jegliche beabsichtigte Gesetzesbrüche, die durch ein solches Exekutivorgan vorgenommen werden, können ja durch eine Legislative erlaubt und von einer Judikative als angemessen beurteilt werden - auch im Geheimen. So kann ein geheimes, bewaffnetes Vorgehen gegen eine Terrorzelle von einem Geheimgericht erlaubt werden, wenn dies zuvor als gesetzlicher Rahmen des Geheimdienstes beschlossen wurde.
Die Realität sieht freilich gänzlich anders aus, werden solche Aktionen doch meist sehr schnell durchgeführt. Es bleibt keine Zeit für eine umfassende Prüfung der Sachlage, noch viel schwerer wirkt aber: es entspricht nicht der Struktur eines Geheimdienstes. Dieser befindet sich, vor allem bei Auslandsgeheimdiensten, stets in Konkurrenz. Die Folge davon: Geheimhaltung kann nur sichergestellt werden, wenn garantiert ist, dass andere Geheimdienste und Organisationen möglichst wenig Chancen haben, an Informationen zu kommen. Deshalb gilt das Prinzip: Jeder weiß nur so viel, wie er unbedingt wissen muss. Ein Geheimgericht müsste alles wissen - ein zu großes Risiko.

Aus diesem Grund werden Geheimgerichte entweder gar nicht erst eingeschaltet, oder erhalten geschwärzte Akten - die rechtsstaatliche Kontrolle wird also umgangen. Doch damit entsteht eine äußerst machtbefugte Organisation im Herzen des Staates, die kaum kontrolliert wird, schlimmer noch, die aufgrund ihrer Kompetenzen auch in der Lage ist, die eigene Kontrollinstanz zu manipulieren - wer in die Politik fremder Länder eingreifen kann, ist wohl auch fähig, die Politik im eigenen Land zu manipulieren - siehe Watergate.

Insofern ist der Beitrag eines Geheimdienstes zur Sicherheit anzuzweifeln. Viel eher legt es die Vermutung nahe, das Geheimdienste selbst eine Bedrohung darstellen. Solange sie willens sind, sich an die Regeln des Rechtsstaats zu halten, können sie eine lohnende Ergänzung zur Erhaltung der Ordnung darstellen. Doch sollten sie es darauf anlegen, den Staat zu ihren Gunsten zu manipulieren, hält sie wenig davon ab. 

Das Konzept eines modernen Geheimdienstes ist damit als nicht ausgereift anzusehen. Viel eher sollten konventionelle Sicherheitsorgane gestärkt und deutlich effizienter gemacht werden, verbunden mit Nachrichtendiensten sowie genaustens kontrollierten und nur innerhalb der demokratischen Legitimation agierenden Geheimdiensten, die nur dann eingreifen, wenn es ausdrücklichst verlangt wird - denn auch das muss man eingestehen: In einer Welt, in der selbst kleine Staaten Geheimdienste haben und ein Bündnis nichts wert ist, geht es nicht gänzlich ohne - wer den Frieden will, muss sich auf den Krieg vorbereiten.

 

0 Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

CATOteam 2013
Ceterum censeo...